Tannine und Säure – Das Rückgrat des Weins

Tannine und Säure – Das Rückgrat des Weins

Ich gebe es zu: Tannine und Säure können nerven

Es war ein Abend, wie man ihn liebt – Freunde, gutes Essen, ein paar Flaschen Wein auf dem Tisch. Einer davon: ein junger Barolo. Normalerweise in unserer Runde ein gern gesehener Roter. Doch diesmal verzogen sich die Gesichter, es wurde über „Pelz auf der Zunge“ gelästert, und jemand fragte sogar, ob der „schon schlecht“ sei. Nein, war er nicht. Im Gegenteil. Aber ich dachte innerlich: Moment mal – das ist ein großartiger Wein! Warum kommt der jetzt so schlecht an?

Diese Szene hat mich nicht mehr losgelassen. Warum reagieren wir auf manche Weine mit Begeisterung – und auf andere mit Skepsis oder Ablehnung? Was genau macht einen Wein „anspruchsvoll“? Und wieso wissen viele zwar, dass ein Wein Tannin oder Säure hat, können es aber kaum einordnen?

Dem wollte ich auf den Grund gehen. So entstand dieser Artikel – auf Basis der Frage: Was bleibt vom Wein, wenn Frucht und Duft verflogen sind? Richtig: das, was trägt – Tannine und Säure. Wie bei einer guten Freundschaft geht es auch im Wein um Balance, Reibung, Spannung und Zusammenhalt. Doch was macht diese beiden Komponenten eigentlich so wichtig? Warum verziehen wir das Gesicht bei einem tanninreichen Rotwein – und vermissen ihn dann schmerzlich, wenn er fehlt? Und was ist mit der Säure – die „Frische“ im Wein, aber auch die, die es schnell zu viel sein kann?

Kommen Sie mit auf eine kleine Reise durch das Rückgrat des Weins – mit einem Augenzwinkern und einem Schluck Neugier.

Tannine und Säure: Warum sind sie das Rückgrat des Weins?

Tannine und Säure geben dem Wein Struktur – wie das Fundament bei einem Haus oder das Gerüst beim Zirkuszelt. Ohne sie wird’s wackelig. Fruchtaromen allein machen noch keinen großen Wein, sie sind eher das „Make-up“. Tannine sorgen für Griff, Säure für Lebendigkeit. Beide helfen auch bei der Lagerfähigkeit. Ein Wein ohne Säure? Flach. Einer ohne Tannin? Manchmal langweilig. Wie Yin und Yang, mit Zunge und Gaumen als Spielplatz.

Die Aufgabe der Säure im Wein – und warum sie essenziell ist

Säure bringt Frische, Spannung und Energie. Stellen Sie sich einen Apfel ohne Säure vor – mehlig, fad. So ähnlich verhält es sich beim Wein. Sie balanciert Süße, hebt Aromen hervor und sorgt dafür, dass ein Wein nicht nur „gut schmeckt“, sondern auch „Spaß macht“. Bei Weißweinen ist sie besonders wichtig – Riesling ohne Säure? Unvorstellbar! Aber auch Rotweine profitieren von ihr. Sie ist die unauffällige, aber unersetzliche Heldin im Glas.

Die Wirkung von Tanninen – mehr als pelzig am Gaumen

Tannine – das ist die Substanz, die im Mund alles zusammenzieht, als hätte man in einen grünen Walnusskern gebissen. Doch ihre Aufgabe geht weit darüber hinaus. Sie geben Struktur, Tiefe und Komplexität. Tannine sind Gerbstoffe, die aus Schalen, Kernen und Stielen der Trauben sowie aus dem Holzfass kommen. Sie wirken antioxidativ und schützen den Wein bei der Reifung. Und sie sind dafür verantwortlich, dass ein kräftiger Rotwein nicht wie ein Fruchtpunsch schmeckt.

Welcher Wein braucht Tannine – und warum?

Vor allem Rotweine mit viel Substanz und Reifepotenzial brauchen Tannine. Cabernet Sauvignon, Nebbiolo, Tannat oder Sagrantino – ohne Tannine wären sie schlicht überfordert mit sich selbst. Tannine geben diesen Weinen Rückgrat, Halt und ein Reifebett für Jahre. Ohne sie wären große Weine wie Barolo oder Bordeaux nur halbe Sachen.

Weißwein und Tannine – geht das?

Überraschung: Ja, geht! Zwar kommen Tannine hauptsächlich in Rotweinen vor, da sie bei der Maischegärung extrahiert werden, aber auch Weißweine können Tannine enthalten – zum Beispiel, wenn sie im Holzfass ausgebaut wurden oder als Orange Wine verarbeitet werden. Das ergibt Weine mit mehr Textur und Grip – spannend, aber nicht jedermanns Sache. Wer Chardonnay mit Barrique-Ausbau liebt, kennt den sanften, cremigen Tannin-Kuss.

Warum Tannine eine gute Sache sind

Tannine können nerven – vor allem jung und unausgewogen. Aber: Ein gutes Tannin ist wie ein gutes Gespräch – es fordert heraus, bleibt im Gedächtnis und verändert sich mit der Zeit. Reife Tannine sind weich, samtig, charmant. Sie tragen Aromen, unterstützen die Speisebegleitung (Stichwort: Steak!) und sind – man glaubt es kaum – sogar gesundheitsfördernd (Stichwort: Polyphenole).

Lassen sich Tannine abmildern?

Und ob! Karaffieren hilft, Zeit auch. Luft wirkt wie ein Mediator zwischen Tannin und Gaumen. Ein junger Rotwein mit kräftigen Tanninen wird nach ein paar Stunden im Dekanter deutlich geschmeidiger. Auch Speisen können helfen: Fett und Eiweiß (zum Beispiel Käse oder Fleisch) binden Tannine – und schon wirkt der Wein runder.

Wer gibt den Ton an – Tannine oder Säure? Oder beide?

Die Kunst liegt im Gleichgewicht. Bei manchen Weinen dominiert die Säure (z. B. Riesling), bei anderen die Tannine (z. B. Barolo). Aber die spannendsten Weine sind oft die, in denen beides harmonisch zusammenwirkt – wie ein gut eingespieltes Duo. Keiner will allein auf der Bühne stehen – und wenn doch, klingt’s schnell schrill oder stumpf.

Ein Resümée

Säure und Tannine sind keine Bösewichte im Wein, sondern seine Architekten. Sie geben Struktur, Halt und Charakter. Wer sich auf sie einlässt, wird mit Tiefe, Komplexität und Trinkfreude belohnt – ob beim sonntäglichen Burgunder oder beim feierlichen Amarone. Wer sie versteht, versteht den Wein.


Anekdoten mit einem Schmunzeln über Tannine und Säure

„Der Tannintest im Zug“: Ein Freund von mir schwört darauf, dass man gute Tannine daran erkennt, ob man im ICE noch einen zweiten Schluck wagt – trotz trockener Zugluft und Sandwich mit Senf. Funktioniert erstaunlich gut.

„Die Riesling-Erweckung“: Eine Weinfreundin mochte „nichts Saures“. Bis sie bei 30 Grad einen gut gekühlten Mosel-Riesling serviert bekam. Jetzt fährt sie regelmäßig in die Steillage zur Lese – freiwillig.

„Der Bordeaux und das Rinderfilet“: Ein Kollege probierte einst einen tanninreichen Bordeaux solo und verzog das Gesicht. Erst mit dem perfekt gebratenen Filet leuchteten seine Augen – der Wein war plötzlich „großartig“. Timing ist alles.

Aussagen bekannter Weinautoren

Hugh Johnson: „Tannine sind das, was im Wein bleibt, wenn man den ganzen Fruchtzirkus ausblendet.“

Jancis Robinson: „Ohne Säure ist der Wein wie eine Party ohne Musik – alle sind da, aber keiner tanzt.“

Stuart Pigott: „Säure macht den Wein lebendig. Tannin gibt ihm Charakter. Beides zusammen? Ein Abenteuer.“


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Fotocredit: Generiert mit künstlicher Intelligenz (KI)

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Seit 2000 bin ich mit dem Weinthema und der Weinszene verbunden. Ich agiere als Verleger, publiziere redaktionelle Beiträge und produziere Print- und digitale Weinmedien.

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