VDP.GROSSE GEWÄCHSE Franken

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Gesamtergebnis: Jahrgänge 2023/2024

Silvaner

Der Silvaner behauptet auch in den jüngsten Jahrgängen seine Rolle als Herzstück der fränkischen Identität – mit einer beeindruckenden Bandbreite an Ausdrucksformen. Der Jahrgang 2024 präsentiert sich überwiegend straff und kühl, getragen von lebhafter Säure und markanter Mineralität, oft mit einem zitrischen Grundton (u. a.Rudolf May Himmelfahrt, Bürgerspital Stein-Harfe, Max Müller I Ratsherr). Im Gegensatz dazu wirkt 2023 ruhiger, strukturbetonter und kräuterwürzig, mit mehr innerer Gelassenheit (Wirsching Kammer/Echter-Berg, Egon Schäffer Lumpen, Bickel-Stumpf Rothlauf/Mönchshof, Schloss Sommerhausen Steinbach-Altenberg ebenso Weingut am Stein Stettener Stein).

Einige Betriebe setzen bewusst Kontrapunkte: Rudolf May Rothlauf wie auch Luckerts Maustal bleiben ein Kosmos für sich – reduziert, von milder Säure getragen und mit großer innerer Tiefe. Sie gehörten zu meinen Silvaner-Highlights der Verkostung. Andere, wie Max Müller oder Rainer Sauer, betonen die Fruchtfülle, während Horst Sauer stärker internationale Stilelemente einbindet. Besonders eindrücklich war zudem die feine exotische Nuance im 2023er Rothlauf von Bickel-Stumpf wie auch die salzige Kühle und Eleganz der Kammer von Hans Wirsching.

Holzeinsatz ist kaum noch spürbar, die Richtung geht klar zu Herkunft, Textur und purer Frucht. Silvaner steht heute in Franken für das Spannungsfeld zwischen klarer, salziger Präzision und tiefer Ruhe. 2024 bringt die ziselierten, straffen Vertreter, 2023 die leiseren, aber nachhaltigen Charaktere.

Riesling

Fränkischer Riesling zeigt ein eigenständiges Gesicht, weit entfernt von der Anmutung des Rheingau oder Pfalz, völlig anders als Moselrieslinge, auch differenziert zu den badischen Vertretern. Der Jahrgang 2024 ist geprägt von heller, kräuterwürziger Stilistik, teils mit reduktiven Noten, die durchaus polarisieren können (darunter Schmitt’s Kinder Pfülben oder Rainer Sauer Am Lumpen), jedoch stets von lebendiger Säure und feiner Mineralik begleitet werden. Weine wie Schloss Sommerhausen Steinbach-Altenberg, Weingut am Stein Stetten, Störrlein-Krenig Hohenroth, Hans Wirsching Kammer oder Rudolf Fürst Centgrafenberg zeigen ein Niveau, das mühelos in die Spitzengastronomie passt. Luckert und Weltner wiederum bleiben bewusst zurückhaltend, auf Langlebigkeit und Ruhe angelegt.

Besondere Akzente setzen diese beiden: Der 2023 Stein-Berg vom Julius-Spital, deutlich gelbfruchtig, sanft, mundfüllend warm wie auch der Apostelgarten 2023 von Höfler, erdige Anmutung, merkliche Kräuter und salzbetont, beide konträr zum Mainstream. Herausragend eigenständig und hinreisend ist der Maustal-Riesling vom Zehnthof Luckert mit Waldbeer-Anklängen, feiner Struktur, beeindruckender Tiefe und würzig-langem Ausklang. 

So etabliert sich in Franken der Riesling zunehmend als ernsthafte Ergänzung zum Silvaner – nicht als Konkurrent, sondern als eigenständige Stimme mit großem Entwicklungspotenzial.

Weißburgunder

Der 2023er Karthäuser des Juliusspitals demonstriert, warum Weißburgunder in Franken eine feste Größe bleibt: vielseitig, zugänglich und mit internationaler Anmutung. Er ist ein verlässlicher Allrounder, der in Gastronomie wie Privatkeller gleichermaßen geschätzt wird – ohne die kulturelle Strahlkraft von Silvaner oder Spätburgunder, aber mit solider Zukunftsperspektive.

Spätburgunder

Die Rotweine aus 2023 beweisen, wie weit Franken mittlerweile gekommen ist. Rudolf Fürst bleibt die Referenz mit klaren stilistischen Unterschieden: klassisch im Centgrafenberg, feingliedrig-elegant im Hundsrück. Doch die Konkurrenz hat aufgeholt. Schmitt’s Kinder überraschen mit einem Hohenroth, der auf Finesse und Leichtigkeit setzt – ganz anders als frühere Interpretationen. Luckerts Maustal dagegen verkörpert Kraft, Dichte und Tanninfülle, ein Gegenpol zum filigranen Hohenroth von Schmitt´s Kinder. Der Hofkeller zeigt einen Spätburgunder, der zunehmend eigenständig wirkt und solide überzeugt.

So entfaltet sich in Franken heute ein Spektrum, das von feiner Eleganz bis zu kräuterwürziger Tiefe reicht – eine Entwicklung, die Spätburgunder endgültig als Aushängeschild neben dem Silvaner etabliert.rt.

Übergreifende Trends

  • Der Ausbau mit Neuholz ist nahezu verschwunden – Frucht, Textur und Terroir stehen klar im Mittelpunkt.
  • 2023: ein ruhiger, texturaler Jahrgang mit Potenzial für Reife.
  • 2024: frischer, ziselierter, von Säure und Zitrusnoten geprägt, aktuell oft noch ungestüm.
  • Silvaner bestätigt seinen Rang als Identitätswein.
  • Riesling gewinnt weiter an Profil.
  • Weissburgunder hat eine große Zukunft.
  • Spätburgunder spielt inzwischen auf internationalem Niveau.

Frankens Vielfalt bleibt ein Markenzeichen: von Luckerts asketischer Klarheit bis zu Max Müllers expressiver Fruchtfülle spannt sich ein Bogen, der die Stärke der Region sichtbar macht.

Und noch eine persönliche Anmerkung

Zwei fränkische Terroirs beeindrucken mich immer wieder besonders – Maustal und Stettener Stein. Für mich, der ich in Franken zuhause bin, ist es ein Geschenk, diese Weine nicht nur als Kritiker zu verkosten, sondern im Alltag zu erleben. Sie spiegeln die Seele einer Region wider, die reich an Kultur, Geschichte und Charakter ist. Fränkischer Wein bedeutet für mich daher immer auch Heimat – mit Ausdruck, Vielfalt und wunderbaren Überraschungen.

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Fotocredit: Arthur Wirtzfeld

Veröffentlicht von

Seit 2000 bin ich mit dem Weinthema und der Weinszene verbunden. Ich agiere als Verleger, publiziere redaktionelle Beiträge und produziere Print- und digitale Weinmedien.