„Brüder, kommt schnell, ich trinke Sterne!“ Pierre Pérignon (1639–1715)
Prolog
Champagner hat sich im Laufe der Jahrhunderte einen unvergleichlichen Ruf erworben und ist daher für Weinliebhaber oft der erste Gedanke, wenn es um Schaumweine geht. Seine lange Tradition, sein exquisiter Geschmack und sein einzigartiges Herstellungsverfahren, bei dem die zweite Gärung in der Flasche stattfindet, bis der „Schäumer“ schließlich durch die meist geheim gehaltene Dosage veredelt wird, verleihen ihm in der Regel eine unverwechselbare Eleganz und Raffinesse. Die Region Champagne in Frankreich ist untrennbar mit der Kunst der Schaumweinherstellung verbunden. Dieses Prestige ist unbestritten, oder etwa nicht?
In diesem Beitrag widme ich mich der Gegenüberstellung von Champagner und Franciacorta. Letzterer ist für mich weit mehr als eine Alternative zum etablierten Platzhirsch aus der Champagne …
Trotz der Faszination von Champagner gibt es weltweit eine Fülle von alternativen Schaumweinen, die ebenso beeindruckend sind. Zum Beispiel können Sie in Italien auf den verlockenden Franciacorta stoßen, der mit seiner handwerklichen Herstellung und seinem eleganten Charakter begeistert. Neben Prosecco bietet er eine völlig andere Erfahrung, geprägt von Raffinesse und Tiefe. Spanien ist bekannt für Cava, der durch sein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis und seine Vielseitigkeit überzeugt. Englands Schaumweine, wie der immer beliebtere English Sparkling Wine, haben in den letzten Jahren ebenfalls internationale Anerkennung erlangt und überraschen mit hoher Qualität und frischen Aromen.
Auch in Übersee gibt es bemerkenswerte Schaumweine wie den amerikanischen Sekt oder den australischen Sparkling Shiraz. Und nicht zuletzt sind deutsche Sekte, teils ebenso hergestellt wie Champagner, wobei eine ganze Reihe auch deren Qualität erreicht, hoch im Kurs, jedenfalls hierzulande. Diese alternativen Optionen bieten eine breite Palette von Geschmacksrichtungen und Stilen, die die Vorlieben verschiedenster Weinliebhaber ansprechen. Es lohnt sich definitiv, über den Tellerrand hinauszuschauen und die faszinierende Welt des Schaumweins in ihrer ganzen Vielfalt zu entdecken.
Schaumweine haben eine lange Tradition und erfreuen sich weltweit großer Beliebtheit. Zwei besonders herausragende Vertreter dieser Gattung sind Champagner aus der Region Champagne in Frankreich und Franciacorta aus der gleichnamigen Region in Italien. Beide Schaumweine zeichnen sich durch Eleganz, Feinheit und Raffinesse aus, doch es gibt auch entscheidende Unterschiede in Bezug auf Herstellung, Rebsorten, klimatische Bedingungen, Böden, Qualität, Lagerfähigkeit, Marktanteile und Preise.
Herstellungsmethoden
Champagner wird nach der traditionellen Methode hergestellt, auch als Méthode Champenoise oder Méthode Traditionnelle bekannt. Dabei erfolgt die zweite Gärung, die für die Kohlensäurebildung verantwortlich ist, in der Flasche, was dem Champagner seine charakteristische Perlage und Komplexität verleiht. Dazu wird zu Beginn der zweiten Gärung eine Mischung aus Hefe und Zucker (Liqueur de Tirage) zum Wein hinzugefügt, und die Flasche wird mit einem Kronkorken verschlossen. Der Wein wird während der Reifung durch Drehen der Flaschen (Rütteln) und anschließendes Degorgieren von Hefe und Sediment befreit. Letztlich erfolgt noch die Dosage, wobei der Verlust beim Degorgieren durch Champagner der gleichen Charge ersetzt wird.
Franciacorta wird ebenfalls nach der Méthode Champenoise hergestellt, jedoch unter dem Namen „Metodo Classico“, insbesondere in der Region Franciacorta. Spezifische Vorschriften gelten allerdings für die Traubensorten und die Reifungsdauer. Der Wein wird normalerweise länger auf der Hefe gelagert (Millesimato mindestens 30 Monate, Riserva 60 Monate) als beim Champagner (mindestens 15 Monate, Jahrgangs-Champagner drei Jahre).
Rebsorten
Champagner verwendet vor allem drei Hauptrebsorten: Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier. Chardonnay bringt Eleganz und Finesse, während Pinot Noir und Pinot Meunier Struktur und Fruchtigkeit beitragen. Franciacorta hingegen setzt primär auf Chardonnay und Pinot Noir. Die Verwendung von Pinot Blanc ist ebenfalls erlaubt, doch der Fokus liegt auf den ersten beiden Sorten.
Regionale klimatische Bedingungen und Böden
Die Champagne hat ein eher kühles Klima mit mäßigem Sonnenschein, was den Reifungsprozess der Trauben verzögert und die Säure und Aromenentwicklung begünstigt. Die Böden bestehen hauptsächlich aus Kreide und Ton, die dem Champagner seine mineralischen Nuancen verleihen. In der Franciacorta herrscht mediterranes Klima mit kontinentalen Einflüssen. Die Sommer sind heißer, was eine bessere Traubenreife ermöglicht. Die Böden bestehen aus Moränenschotter und Ton, die dem Franciacorta eine charakteristische Fülle und Struktur verleihen.
Qualität und Lagerfähigkeit
Sowohl Champagner als auch Franciacorta zeichnen sich durch hohe Qualitätsstandards aus, und viele Produzenten verfolgen eine nachhaltige Anbau- und Produktionsphilosophie. In Bezug auf die Lagerfähigkeit können erstklassige Champagner und Franciacorta viele Jahre altern und an Komplexität gewinnen.
Marktanteile
Champagner hat einen weltweit etablierten Markt und wird oft als Inbegriff von Luxus und festlichen Anlässen angesehen. Franciacorta hat in den letzten Jahren an Bekanntheit gewonnen, jedoch noch nicht den globalen Bekanntheitsgrad des Champagners erreicht. Er wird hauptsächlich in Italien und einigen ausgewählten Exportmärkten vertrieben.
Preise
Champagner ist oft teurer als Franciacorta, was auf die lange Tradition und den internationalen Ruf dieser Region zurückzuführen ist. Franciacorta hingegen bietet oft ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, da noch nicht derselbe Marktstatus erreicht ist wie beim Champagner.
Im Einzelnen variieren die Preise für Champagner stark je nach Marke, Jahrgang und Stil. Ein durchschnittlicher Non-Vintage-Champagner kann zwischen 30 und 50 Euro kosten, während es bei hochwertigen Jahrgangs-Champagnern und Prestige-Cuvées mehrere 100 Euro pro Flasche sein können. Einige der berühmtesten Champagner-Häuser verkaufen ihre seltenen und exklusiven Flaschen sogar für Tausende Euro.
Im Vergleich dazu ist Franciacorta etwas preisgünstiger. Ein durchschnittlicher Non-Vintage-Franciacorta kann zwischen 20 und 30 Euro kosten, während hochwertige Jahrgangs- und Riserva-Cuvées im Bereich von 40 bis 70 Euro liegen. Obwohl es einige seltene und teure Franciacorta-Produkte gibt, sind die Preise im Allgemeinen erschwinglicher im Vergleich zu Champagner.
Absatzmärkte und Umsätze
Champagner ist seit Langem weltweit etabliert und erfreut sich großer Nachfrage. Die Hauptabsatzmärkte sind die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Japan und China. In Frankreich selbst wird der größte Teil des Champagners konsumiert. Die internationalen Umsätze beliefen sich im letzten Jahr auf rund 5,2 Milliarden Euro, wobei die Exporte einen beträchtlichen Anteil am Gesamtumsatz ausmachten.
Franciacorta hat in den vergangenen Jahren eine starke Entwicklung auf dem nationalen und internationalen Markt erfahren. Während die Hauptabsatzmärkte in Italien liegen, hat er auch in den USA, im Vereinigten Königreich, in Deutschland und in asiatischen Ländern wie Japan und Südkorea an Beliebtheit gewonnen. Die Umsätze von Franciacorta belaufen sich derzeit auf etwa 250 Millionen Euro pro Jahr, wobei die Exporte einen wachsenden Anteil am Gesamtumsatz ausmachen.
Aussagen bekannter Persönlichkeiten zum Champagner
• „Brüder, kommt schnell, ich trinke Sterne!“ – Pierre Pérignon (1638–1715), angeblich sein Ausspruch, als er Champagner entdeckte. Er war Mönch des Benediktinerordens Dom Pérignon und entwickelte die Méthode Champenoise.
• „Champagner ist der einzige Wein, der eine Frau noch schöner macht, nachdem sie ihn getrunken hat.“ – Madame de Pompadour (1721–1764), Mätresse des französischen Königs Ludwig XV., seine Ratgeberin, Vertraute und Animateurin
• „In der Not trinkt der Bauer Wasser, der König aber Champagner.“ – Jean Giraudoux (1882–1944), französischer Schriftsteller und Diplomat
Aussagen bekannter Persönlichkeiten zum Franciacorta
• „Franciacorta hat das Potenzial, die Welt der Schaumweine zu erobern.“ – Dr. Ian D’Agata, italienischer Weinjournalist, Chefredakteur TS Wine Review und wissenschaftlicher Berater der Vinitaly
• „Die Weine aus Franciacorta sind so gut, dass sie sogar manchen Champagner in den Schatten stellen.“ – Luca Gardini (Jahrgang 1981), italienischer Sommelier-Weltmeister und Weinkritiker
• „Franciacorta ist Italiens Antwort auf den Champagner, und die Antwort kann sich sehen lassen.“ – Thomas Vaterlaus (Jahrgang 1960), Weinjournalist und Chefredakteur bei Vinum
Herausragende Anekdoten zum Champagner und Fanciacorta
Eine der bemerkenswertesten Anekdoten rund um Champagner stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist mit dem Namen Madame Clicquot verbunden. Als ihr Ehemann im Alter von 27 Jahren unerwartet starb, übernahm sie das Champagnerhaus Veuve Clicquot Ponsardin, das heute weltweit bekannt ist. Madame Clicquot wurde zu einer Pionierin in der Champagnerherstellung und entwickelte einige wichtige Techniken, die bis heute angewandt werden. Sie perfektionierte beispielsweise das Rütteln der Flaschen, um die Hefeablagerungen effizient zu entfernen und so die Qualität des Champagners zu verbessern. Und sie bewies Mut, Entschlossenheit und eine bemerkenswerte unternehmerische Fähigkeit, die das Erbe des Champagners prägte und bis heute fortbesteht.
Franciacorta hat ebenfalls seine eigene faszinierende Geschichte. Eine bemerkenswerte Anekdote stammt aus den 1960er Jahren, als der berühmte italienische Rennfahrer und Unternehmer Gianfranco Quadrelli die Weinberge des Weinguts Bellavista in der Franciacorta-Region kaufte. Er wollte einen hervorragenden Schaumwein herstellen, der mit den besten Champagnern konkurrieren konnte. Quadrelli reiste sogar nach Frankreich, um von den Experten der Champagne zu lernen und ihre Techniken zu studieren. Er brachte dieses Wissen nach Italien zurück und setzte es in der Weinherstellung ein. Sein Engagement und seine Leidenschaft für hohe Qualität und Exzellenz trugen dazu bei, dass sich Franciacorta zu einer führenden Schaumweinregion entwickelte und international anerkannt wurde.
Diese Anekdoten verdeutlichen, dass hinter jedem herausragenden Schaumwein eine faszinierende Geschichte steht. Sowohl Champagner als auch Franciacorta sind mit engagierten Persönlichkeiten verbunden, die mit ihrer Vision, Entschlossenheit und Innovationskraft dazu beigetragen haben, diese beiden Schaumweine zu dem zu machen, was sie heute sind – unvergleichliche Botschafter ihrer jeweiligen Region und Symbole für Genuss und Lebensfreude.
FAZIT
Champagner hat einen festen Platz als Symbol für Luxus und Feierlichkeiten in der ganzen Welt, während Franciacorta seinen Weg in die internationale Weinwelt erfolgreich eingeschlagen hat und als Top-Schaumwein zu einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis gilt.
Keine Frage: Champagner sowie Franciacorta sind beide erstklassige Produkte von hoher Qualität, doch ihre Unterschiede in Herstellungsmethoden, Rebsorten, klimatischen Bedingungen, Böden, Marktanteilen und Preisen verleihen ihnen jeweils ihre einzigartigen Eigenschaften. Die Unterschiede in den Umsätzen spiegeln die lange Tradition und den weltweiten Bekanntheitsgrade des Champagners wider, während Franciacorta als aufstrebende Schaumweinregion zunehmend an Beliebtheit gewinnt. Beide bieten eine beeindruckende Vielfalt von Geschmacksprofilen und sind perfekte Begleiter für festliche Anlässe oder einfach zum Genießen in guter Gesellschaft. Egal, ob Sie sich für Champagner oder Franciacorta entscheiden, eines ist sicher: Sie erwartet ein einzigartiges und unvergessliches Geschmackserlebnis. Beide können bei entsprechender sorgfältiger Lagerung viele Jahre lang genossen werden.
BEMERKUNG
Mitte der 2010er Jahre nahm ich an einer Pressereise der Weinfeder e.V. in die Franciacorta teil. Die Qualitäten, die dort geboten wurden, die perfektionierte Produktionsart, die Qualität der Grundweine, die Weinpairings und insbesondere Ambition und Enthusiasmus dieser Schaumweinregion haben mich sehr beeindruckt. Ich oute mich seither als leidenschaftlicher Fan des Franciacorta, der längst immer mehr Herzen von Weinkennern und Weinliebhabern erobert.
Dom Pierre Pérignon, 1638–1715, „Vater“ des Champagners. Skulptur am Kellereingang von Moët & Chandon. (Foto: Victor Grigas)
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